Nachhaltigkeit und Grundrechte: Ein Spannungsverhältnis?

Nachhaltigkeit und Grundrechte: Ein Spannungsverhältnis?

Die Auseinan­der­set­zung mit dem Ver­hält­nis von Nach­haltigkeit und Grun­drecht­en ist von wach­sender Bedeu­tung. Während Nach­haltigkeit als Leit­prinzip darauf abzielt, die natür­lichen Lebens­grund­la­gen für zukün­ftige Gen­er­a­tio­nen zu bewahren, schützen Grun­drechte die indi­vidu­ellen Frei­heit­en und Ent­fal­tungsrechte jedes Einzel­nen. Der Artikel unter­sucht, ob und inwiefern diese bei­den Werte in Kon­flikt ger­at­en kön­nen und welche Lösungsan­sätze sich bieten. Die zen­trale Frage ist, ob die Ver­wirk­lichung von Nach­haltigkeit­szie­len Ein­schränkun­gen von Grun­drecht­en recht­fer­ti­gen kann.

Was bedeutet Nachhaltigkeit im juristischen Kontext?

Der Begriff Nach­haltigkeit hat sich in den let­zten Jahrzehn­ten zu einem zen­tralen Leit­bild entwick­elt, sowohl in der Poli­tik als auch in der Wirtschaft und Gesellschaft. Im juris­tis­chen Kon­text umfasst Nach­haltigkeit die Verpflich­tung, Ressourcen so zu nutzen, dass die Bedürfnisse der gegen­wär­ti­gen Gen­er­a­tion befriedigt wer­den, ohne die Möglichkeit­en zukün­ftiger Gen­er­a­tio­nen zu gefährden, ihre eige­nen Bedürfnisse zu befriedi­gen.

Diese Def­i­n­i­tion berück­sichtigt ver­schiedene Dimen­sio­nen:

  • Ökol­o­gis­che Nach­haltigkeit: Hier­bei geht es um den Schutz der natür­lichen Lebens­grund­la­gen wie Kli­ma, Arten­vielfalt, Böden und Wass­er. Ziel ist es, die Ökosys­teme zu erhal­ten und die Umwelt­be­las­tung zu min­imieren. Maß­nah­men kön­nen beispiel­sweise die Reduk­tion von Treib­haus­gase­mis­sio­nen, der Schutz von Naturschutzge­bi­eten oder die Förderung erneuer­bar­er Energien sein.
  • Soziale Nach­haltigkeit: Diese Dimen­sion zielt auf die Gewährleis­tung sozialer Gerechtigkeit, Chan­cen­gle­ich­heit und Leben­squal­ität. Dazu gehören beispiel­sweise der Schutz von Arbeit­nehmer­recht­en, die Förderung von Bil­dung und Gesund­heit sowie die Bekämp­fung von Armut und Diskri­m­inierung.
  • Ökonomis­che Nach­haltigkeit: Hier­bei ste­ht die langfristige wirtschaftliche Sta­bil­ität und Effizienz im Vorder­grund. Es geht darum, Ressourcen scho­nend zu nutzen, Inno­va­tio­nen zu fördern und eine nach­haltige Wirtschaft­sen­twick­lung zu gewährleis­ten, die nicht auf Kosten der Umwelt oder der sozialen Gerechtigkeit geht.

Im deutschen Recht ist das Prinzip der Nach­haltigkeit in ver­schiede­nen Geset­zen und Urteilen ver­ankert. Eine wichtige Grund­lage bildet Artikel 20a des Grundge­set­zes (GG), der den Staat verpflichtet, die natür­lichen Lebens­grund­la­gen im Rah­men der ver­fas­sungsmäßi­gen Ord­nung zu schützen. Dieser Artikel wird oft als Grund­lage für Geset­ze zum Umweltschutz und zur Förderung der Nach­haltigkeit herange­zo­gen.

Allerd­ings gibt es unter­schiedliche Inter­pre­ta­tio­nen des Begriffs Nach­haltigkeit. Einige sehen Nach­haltigkeit primär als ökol­o­gis­che Her­aus­forderung, während andere den Fokus stärk­er auf die sozialen oder ökonomis­chen Aspek­te leg­en. Diese unter­schiedlichen Inter­pre­ta­tio­nen haben Auswirkun­gen auf die Ausle­gung der Grun­drechte. So kann beispiel­sweise eine sehr weit­ge­hende Inter­pre­ta­tion des Umweltschutzes zu stärk­eren Ein­schränkun­gen von Eigen­tum­srecht­en oder wirtschaftlichen Frei­heit­en führen, während eine weniger restrik­tive Ausle­gung den Schutz der Grun­drechte stärk­er betont.

Das Rechtsgutacht­en “Ver­fas­sungsrang für Nach­haltigkeit” des Nach­haltigkeit­srates unter­sucht die Möglichkeit, Nach­haltigkeit im Grundge­setz zu ver­ankern, um ihre Bedeu­tung weit­er zu stärken.
(Ver­fas­sungsrang für Nach­haltigkeit)

Grundrechte im Spannungsfeld mit Nachhaltigkeitszielen

Maß­nah­men zur Förderung der Nach­haltigkeit kön­nen in vielfältiger Weise mit Grun­drecht­en in Kon­flikt ger­at­en. Beson­ders häu­fig betrof­fen sind dabei fol­gende Grun­drechte:

  • Eigen­tum­srechte (Artikel 14 GG): Naturschutz­maß­nah­men oder Kli­maschutzge­set­ze kön­nen zu Ein­schränkun­gen des Eigen­tums führen, beispiel­sweise durch Enteig­nun­gen für Naturschutzge­bi­ete oder durch Aufla­gen für die Nutzung von Grund­stück­en und Gebäu­den. So kön­nen Eigen­tümer verpflichtet wer­den, ihre Gebäude ener­getisch zu sanieren oder erneuer­bare Energien zu nutzen, was mit erhe­blichen Kosten ver­bun­den sein kann.
  • Frei­heit­srechte (Artikel 2 GG): Ein­schränkun­gen der Mobil­ität, beispiel­sweise durch Fahrver­bote für bes­timmte Fahrzeuge oder durch die Förderung des öffentlichen Per­so­nen­nahverkehrs, kön­nen die per­sön­liche Frei­heit ein­schränken. Auch Maß­nah­men zur Reduzierung des Fleis­chkon­sums oder zur Förderung ein­er gesun­den Ernährung kön­nen als Ein­griff in die per­sön­liche Frei­heit wahrgenom­men wer­den.
  • Wirtschaftliche Frei­heit­en (Artikel 12 GG): Reg­ulierun­gen für eine umwelt­fre­undliche Pro­duk­tion, beispiel­sweise durch die Ein­führung von Umwelt­stan­dards oder die Besteuerung von umweltschädlichen Pro­duk­ten, kön­nen die wirtschaftliche Frei­heit von Unternehmen ein­schränken. Unternehmen kön­nen gezwun­gen sein, ihre Pro­duk­tion­sprozesse umzustellen oder in neue Tech­nolo­gien zu investieren, um den Umwelt­stan­dards zu entsprechen.

Ein Beispiel für ein solch­es Span­nungsver­hält­nis ist die Umset­zung von Kli­maschutzge­set­zen, die darauf abzie­len, die Treib­haus­gase­mis­sio­nen zu reduzieren. Diese Geset­ze kön­nen beispiel­sweise Aufla­gen für die Nutzung von fos­silen Brennstof­fen oder für die Bebau­ung von Flächen enthal­ten, die wiederum Eigen­tum­srechte und wirtschaftliche Frei­heit­en beein­trächti­gen kön­nen.

Das Bun­desver­fas­sungs­gericht hat sich in mehreren Entschei­dun­gen mit der Recht­fer­ti­gung staatlich­er Ein­griffe in Grun­drechte im Kon­text von Artikel 20a GG auseinan­derge­set­zt. Dabei hat es betont, dass der Staat verpflichtet ist, die natür­lichen Lebens­grund­la­gen zu schützen, aber auch die Grun­drechte der Bürg­er zu beacht­en. Die Ein­griffe in Grun­drechte müssen ver­hält­nis­mäßig sein und dem Schutz der Umwelt dienen.
(Entschei­dung find­en — Beschluss vom … — Bun­desver­fas­sungs­gericht)

Abwägungsfragen: Wie lassen sich Konflikte lösen?

Die Abwä­gung zwis­chen Nach­haltigkeit­szie­len und Grun­drecht­en stellt eine der größten rechtlichen und ethis­chen Her­aus­forderun­gen unser­er Zeit dar. Es gibt keine ein­fachen Antworten, da bei­de Werte von fun­da­men­taler Bedeu­tung sind. Eine pauschale Hier­ar­chisierung ist daher nicht möglich. Stattdessen bedarf es ein­er sorgfälti­gen Inter­essen­ab­wä­gung im Einzelfall, die alle rel­e­van­ten Aspek­te berück­sichtigt.

Ver­schiedene Abwä­gungsmod­elle kön­nen bei dieser Auf­gabe helfen. Ein Ansatz ist die Güter­ab­wä­gung, bei der die betrof­fe­nen Rechts­güter (z.B. Eigen­tum­srecht vs. Kli­maschutz) gegeneinan­der abge­wogen wer­den. Ein weit­eres Mod­ell ist die Ver­hält­nis­mäßigkeit­sprü­fung, die sich­er­stellen soll, dass der Ein­griff in ein Grun­drecht (z.B. durch eine Umweltau­flage) nicht außer Ver­hält­nis zum angestrebten Ziel (z.B. Emis­sion­sre­duk­tion) ste­ht. Die Ver­hält­nis­mäßigkeit­sprü­fung umfasst dabei die Prü­fung der Geeignetheit, Erforder­lichkeit und Angemessen­heit der Maß­nahme.

Die Geeignetheit fragt, ob die Maß­nahme über­haupt geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erre­ichen. Die Erforder­lichkeit prüft, ob es keine mildere, gle­ich wirk­same Maß­nahme gibt, die weniger in Grun­drechte ein­greift. Und die Angemessen­heit stellt sich­er, dass der Ein­griff in das Grun­drecht nicht außer Ver­hält­nis zum Nutzen für die All­ge­mein­heit ste­ht.

Ein Beispiel für eine solche Abwä­gung ist die Recht­sprechung zu Wind­kraftan­la­gen. Diese kön­nen ein­er­seits zur Erre­ichung von Kli­maschutzzie­len beitra­gen, ander­er­seits aber auch Eigen­tum­srechte von Anwohn­ern beein­trächti­gen (z.B. durch Lärm­beläs­ti­gung oder optis­che Beein­träch­ti­gung). Die Gerichte müssen in solchen Fällen abwä­gen, ob die Vorteile der Wind­kraftan­lage für den Kli­maschutz die Beein­träch­ti­gun­gen der Anwohn­er recht­fer­ti­gen.

Kri­te­rien für eine ver­hält­nis­mäßige Beschränkung von Grun­drecht­en im Inter­esse der Nach­haltigkeit sind unter anderem:

  • Die Notwendigkeit der Maß­nahme zur Erre­ichung eines legit­i­men Ziels (z.B. Kli­maschutz).
  • Die wis­senschaftliche Evi­denz für die Wirk­samkeit der Maß­nahme.
  • Die Berück­sich­ti­gung der Inter­essen aller Betrof­fe­nen.
  • Die Trans­parenz und Nachvol­lziehbarkeit der Entschei­dung.

Let­ztlich ist die Abwä­gung zwis­chen Nach­haltigkeit­szie­len und Grun­drecht­en ein fort­laufend­er Prozess, der sich an neuen wis­senschaftlichen Erken­nt­nis­sen und gesellschaftlichen Entwick­lun­gen ori­en­tieren muss. Eine starre Fes­tle­gung von Pri­or­itäten ist nicht zielführend.

Nachhaltigkeit als Schutzpflicht des Staates: Eine neue Perspektive?

Artikel 20a GG verpflichtet den Staat, die natür­lichen Lebens­grund­la­gen und die Tiere im Rah­men der ver­fas­sungsmäßi­gen Ord­nung durch Geset­zge­bung und nach Maß­gabe von Gesetz und Recht zu schützen. Daraus lässt sich eine staatliche Schutzpflicht zur Förderung der Nach­haltigkeit ableit­en. Diese Schutzpflicht umfasst sowohl den Schutz der Umwelt als auch den Schutz zukün­ftiger Gen­er­a­tio­nen.

Die Auswirkun­gen ein­er solchen Schutzpflicht auf die Ausle­gung und Anwen­dung der Grun­drechte sind vielfältig. Zum einen kann sie dazu führen, dass Grun­drechte in bes­timmten Fällen eingeschränkt wer­den dür­fen, um Nach­haltigkeit­sziele zu erre­ichen. Zum anderen kann sie den Staat aber auch dazu verpflicht­en, aktiv Maß­nah­men zur Förderung der Nach­haltigkeit zu ergreifen, auch wenn dies mit Ein­grif­f­en in wirtschaftliche Frei­heit­en ver­bun­den ist.

Das Bun­desver­fas­sungs­gericht hat in sein­er Entschei­dung zum Kli­maschutzge­setz (Beschluss vom 24. März 2021, 1 BvR 2656/18) die Bedeu­tung von Artikel 20a GG für den Kli­maschutz betont. Es hat fest­gestellt, dass der Staat eine Ver­ant­wor­tung für den Schutz des Kli­mas trägt und dass diese Ver­ant­wor­tung auch zukün­ftige Gen­er­a­tio­nen umfasst. Das Gericht hat aber auch darauf hingewiesen, dass bei der Umset­zung von Kli­maschutz­maß­nah­men die Grun­drechte der Bürg­erin­nen und Bürg­er zu beacht­en sind.

Die Gen­er­a­tio­nen­ver­ant­wor­tung ist ein zen­traler Aspekt der staatlichen Schutzpflicht. Der Staat muss sich­er­stellen, dass auch zukün­ftige Gen­er­a­tio­nen die Möglichkeit haben, ihre Grun­drechte auszuüben und ein gutes Leben zu führen. Dies erfordert eine nach­haltige Poli­tik, die die natür­lichen Lebens­grund­la­gen schont und die neg­a­tiv­en Auswirkun­gen des Kli­mawan­dels begren­zt.

Die staatliche Schutzpflicht zur Förderung der Nach­haltigkeit ist somit ein wichtiger Baustein für eine zukun­fts­fähige Gesellschaft. Sie verpflichtet den Staat, aktiv Maß­nah­men zum Schutz der Umwelt und zur Sicherung der Lebens­grund­la­gen zukün­ftiger Gen­er­a­tio­nen zu ergreifen. Dabei müssen jedoch stets die Grun­drechte der Bürg­erin­nen und Bürg­er beachtet wer­den.

Fallbeispiele: Nachhaltigkeit und Grundrechte in der Praxis

Das Span­nungsver­hält­nis zwis­chen Nach­haltigkeit und Grun­drecht­en wird in der Prax­is an vie­len Stellen deut­lich. Einige konkrete Beispiele sollen dies verdeut­lichen:

  • Kli­maschutzge­set­ze: Diese Geset­ze enthal­ten oft Maß­nah­men zur Reduzierung von Treib­haus­gase­mis­sio­nen, die in Eigen­tum­srechte oder wirtschaftliche Frei­heit­en ein­greifen kön­nen. Beispiel­sweise kön­nen Aufla­gen für Gebäude­sanierun­gen oder Ein­schränkun­gen des Autoverkehrs zu Kon­flik­ten führen.
  • Naturschutz­maß­nah­men: Die Ausweisung von Naturschutzge­bi­eten oder die Unter­schutzstel­lung bes­timmter Tier- und Pflanzenarten kann dazu führen, dass Eigen­tümer von Grund­stück­en in ihren Nutzungsmöglichkeit­en eingeschränkt wer­den. Auch hier ist eine sorgfältige Abwä­gung der betrof­fe­nen Inter­essen erforder­lich.
  • Energiepoli­tik: Der Aus­bau erneuer­bar­er Energien, ins­beson­dere von Wind­kraft und Pho­to­voltaik, kann zu Kon­flik­ten mit Anwohn­ern führen, die sich durch Lärm, optis­che Beein­träch­ti­gun­gen oder den Ver­lust von land­wirtschaftlichen Flächen beein­trächtigt fühlen. Auch hier müssen die Vorteile des Kli­maschutzes gegen die Beein­träch­ti­gun­gen der Anwohn­er abge­wogen wer­den.

Ein konkretes Beispiel ist das Kli­maschutzge­setz Baden-Würt­tem­berg. Dieses Gesetz enthält unter anderem Vor­gaben für die Solarpflicht auf Neubaut­en. Diese Vor­gabe kann zu Ein­grif­f­en in das Eigen­tum­srecht der Bauher­ren führen. Das Gesetz sieht jedoch auch Aus­nah­men und Härte­fall­regelun­gen vor, um eine über­mäßige Belas­tung der Bauher­ren zu ver­mei­den.

Ein weit­eres Beispiel ist die Recht­sprechung zum Ham­bach­er Forst. Der Ham­bach­er Forst ist ein Waldge­bi­et in Nor­drhein-West­falen, das für den Braunkohleab­bau gerodet wer­den sollte. Aktivis­ten beset­zten den Wald und protestierten gegen die Rodung. Die Gerichte mussten in diesem Fall abwä­gen, ob das Inter­esse des Energiekonz­erns RWE am Braunkohleab­bau höher zu bew­erten ist als das Inter­esse der Aktivis­ten am Schutz des Waldes.

Diese Beispiele zeigen, dass das Span­nungsver­hält­nis zwis­chen Nach­haltigkeit und Grun­drecht­en in der Prax­is all­ge­gen­wär­tig ist. Eine pauschale Lösung gibt es nicht. Stattdessen bedarf es ein­er sorgfälti­gen Abwä­gung im Einzelfall, die alle rel­e­van­ten Aspek­te berück­sichtigt. Die Gerichte spie­len dabei eine wichtige Rolle, da sie die Inter­essen der ver­schiede­nen Beteiligten gegeneinan­der abwä­gen und die Ver­hält­nis­mäßigkeit der Maß­nah­men prüfen müssen.

Ver­fas­sungsrang für Nach­haltigkeit – Dieses Rechtsgutacht­en unter­sucht die Möglichkeit, Nach­haltigkeit im Grundge­setz zu ver­ankern.
Entschei­dung find­en — Beschluss vom … — Bun­desver­fas­sungs­gericht – Dieses Urteil des Bun­desver­fas­sungs­gerichts behan­delt die Recht­fer­ti­gung staatlich­er Ein­griffe in Grun­drechte im Kon­text von Artikel 20a GG.

Die Rolle der Demokratie bei der Verwirklichung von Nachhaltigkeit

Die Ver­wirk­lichung von Nach­haltigkeit­szie­len ist eng mit den Prinzip­i­en und Prozessen ein­er Demokratie ver­bun­den. Nach­haltigkeit bet­rifft fun­da­men­tale Weichen­stel­lun­gen für die Zukun­ft ein­er Gesellschaft und erfordert daher bre­ite Akzep­tanz und Legit­i­ma­tion. Demokratis­che Prozesse bieten hier­für den notwendi­gen Rah­men. Ker­naspek­te sind dabei die Par­tizipa­tion der Bürg­erin­nen und Bürg­er, die Trans­parenz staatlichen Han­delns und die Bindung an das Rechtsstaat­sprinzip.

Par­tizipa­tion ermöglicht es unter­schiedlichen Inter­es­sen­grup­pen, sich in den poli­tis­chen Wil­lens­bil­dung­sprozess einzubrin­gen. Bei Nach­haltigkeit­s­the­men sind dies oft Umwel­tor­gan­i­sa­tio­nen, Wirtschaftsver­bände, Wis­senschaft­lerin­nen und Wis­senschaftler sowie zukün­ftige Gen­er­a­tio­nen, deren Inter­essen vertreten wer­den müssen. Durch Kon­sul­ta­tio­nen, öffentliche Anhörun­gen, Bürg­erini­tia­tiv­en oder Peti­tio­nen kön­nen vielfältige Per­spek­tiv­en berück­sichtigt und wider­stre­i­t­ende Inter­essen abge­wogen wer­den. Dies kann zu fundiert­eren Entschei­dun­gen führen, die eine höhere Legit­im­ität besitzen und somit nach­haltiger umge­set­zt wer­den kön­nen. Allerd­ings stellt die Ein­beziehung zukün­ftiger Gen­er­a­tio­nen, die selb­st nicht par­tizip­ieren kön­nen, eine beson­dere Her­aus­forderung dar, die Konzepte wie Gen­er­a­tio­nen­gerechtigkeit in den poli­tis­chen Diskurs ein­brin­gen muss.

Trans­parenz ist ein weit­eres wesentlich­es Ele­ment. Offene Debat­ten, zugängliche Infor­ma­tio­nen über Entschei­dungs­grund­la­gen und nachvol­lziehbare Prozesse stärken das Ver­trauen der Bevölkerung und fördern ein informiertes Engage­ment. Wenn Bürg­erin­nen und Bürg­er ver­ste­hen, warum bes­timmte Maß­nah­men zur Förderung der Nach­haltigkeit notwendig sind – auch wenn sie kurzfristige Ein­schränkun­gen mit sich brin­gen (z.B. im Bere­ich Mobil­ität oder Kon­sum) – ist die Bere­itschaft zur Koop­er­a­tion größer. Trans­parenz hil­ft auch dabei, Lob­by­is­mus und Par­tiku­lar­in­ter­essen zu iden­ti­fizieren und kri­tisch zu hin­ter­fra­gen.

Das Rechtsstaat­sprinzip garantiert, dass staatlich­es Han­deln an Recht und Gesetz gebun­den ist und gerichtlich über­prüft wer­den kann. Dies ist entschei­dend, um sicherzustellen, dass Grun­drechte bei der Umset­zung von Nach­haltigkeits­maß­nah­men nicht unver­hält­nis­mäßig eingeschränkt wer­den. Gerichte spie­len eine wichtige Rolle bei der Abwä­gung wider­stre­i­t­en­der Inter­essen und der Sich­er­stel­lung der Ver­hält­nis­mäßigkeit von Ein­grif­f­en. Sie kön­nen staatliche Entschei­dun­gen kor­rigieren, wenn diese nicht im Ein­klang mit dem Grundge­setz ste­hen, wie das Urteil des Bun­desver­fas­sungs­gerichts zum Kli­maschutzge­setz gezeigt hat.

Trotz dieser Stärken ste­hen demokratis­che Sys­teme bei der Ver­wirk­lichung von Nach­haltigkeit auch vor Her­aus­forderun­gen. Der Fokus auf kurzfristige Leg­is­laturpe­ri­o­den kann dazu führen, dass langfristig notwendi­ge, aber kurzfristig unpop­uläre Entschei­dun­gen zugun­sten pop­ulär­er, aber weniger nach­haltiger Maß­nah­men aufgeschoben wer­den. Die Kom­plex­ität viel­er Nach­haltigkeit­sprob­leme erfordert zudem spezial­isiertes Wis­sen, dessen Ver­mit­tlung an die bre­ite Öffentlichkeit anspruchsvoll ist. Den­noch bleibt die Demokratie das Fun­da­ment, auf dem eine nach­haltige Entwick­lung auf­bauen kann, da sie die Mech­a­nis­men für gerechte Abwä­gung und legit­ime Entschei­dungs­find­ung bere­it­stellt, die für die Bewäl­ti­gung der glob­alen Her­aus­forderun­gen der Nach­haltigkeit uner­lässlich sind.

Fazit

Die Auseinan­der­set­zung mit dem Span­nungsver­hält­nis zwis­chen Nach­haltigkeit und Grun­drecht­en zeigt, dass die Ver­wirk­lichung ökol­o­gis­ch­er, sozialer und ökonomis­ch­er Nach­haltigkeit­sziele notwendi­ger­weise Ein­griffe in indi­vidu­elle Frei­heit­en und Rechte mit sich brin­gen kann. Diese Kon­flik­te erfordern eine sorgfältige Abwä­gung im Lichte des Ver­hält­nis­mäßigkeit­sprinzips. Das Grundge­setz, ins­beson­dere Artikel 20a GG, begrün­det eine staatliche Schutzpflicht zugun­sten der natür­lichen Lebens­grund­la­gen und zukün­ftiger Gen­er­a­tio­nen, die bei dieser Abwä­gung eine immer wichtigere Rolle spielt. Fall­beispiele aus der Recht­sprechung verdeut­lichen die prak­tis­che Rel­e­vanz und Kom­plex­ität dieser Fra­gen. Let­ztlich ist die Demokratie mit ihren Mech­a­nis­men der Par­tizipa­tion, Trans­parenz und des Rechtsstaat­sprinzips der entschei­dende Rah­men, um legit­ime und akzep­tierte Wege zur Inte­gra­tion von Nach­haltigkeit und Grun­drecht­en zu find­en. Zukün­ftige Her­aus­forderun­gen liegen darin, die Gen­er­a­tio­nen­gerechtigkeit stärk­er in die rechtliche und poli­tis­che Prax­is zu inte­gri­eren und glob­ale Nach­haltigkeit­sziele im nationalen Recht effek­tiv zu ver­ankern, ohne die Kernge­halte der Grun­drechte zu gefährden.

Weiterführende Quellen