Die öffentliche Beschaffung spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Nachhaltigkeit. Durch die Berücksichtigung von Umweltaspekten und die Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen können öffentliche Auftraggeber einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz leisten und innovative, nachhaltige Lösungen fördern. Dieser Artikel untersucht die rechtlichen Grundlagen und Umweltaspekte der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung und beleuchtet Best Practices für eine erfolgreiche Umsetzung. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu beachten und wie können Umweltaspekte effektiv in den Beschaffungsprozess integriert werden, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern?
Rechtliche Grundlagen der Nachhaltigen Öffentlichen Beschaffung
Die nachhaltige öffentliche Beschaffung wird durch ein komplexes Geflecht aus nationalen und EU-weiten Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen geregelt. Diese Rechtsvorschriften zielen darauf ab, die Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialstandards bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu gewährleisten.
Auf EU-Ebene sind insbesondere die Vergaberichtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU von Bedeutung. Diese Richtlinien legen den Rahmen für die Vergabe öffentlicher Aufträge fest und ermöglichen es den Mitgliedstaaten, Nachhaltigkeitskriterien in den Vergabeprozess zu integrieren. So können beispielsweise Umweltzeichen, Lebenszykluskosten oder soziale Aspekte als Zuschlagskriterien berücksichtigt werden. Die Richtlinien müssen von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.
In Deutschland ist das Vergaberecht hauptsächlich im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Vergabeverordnung (VgV) geregelt. Diese Gesetze und Verordnungen setzen die EU-Richtlinien in nationales Recht um und enthalten detaillierte Bestimmungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Das deutsche Vergaberecht ermöglicht es öffentlichen Auftraggebern, Nachhaltigkeitsaspekte bei der Beschaffung von Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen zu berücksichtigen. So können beispielsweise Kriterien wie Energieeffizienz, Ressourcenschonung oder soziale Arbeitsbedingungen in die Leistungsbeschreibung und die Bewertungskriterien aufgenommen werden.
Die Zulässigkeit von Nachhaltigkeitsaspekten im Vergaberecht ist grundsätzlich anerkannt, solange diese im Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und diskriminierungsfrei angewendet werden. Das bedeutet, dass öffentliche Auftraggeber bei der Festlegung von Nachhaltigkeitskriterien sicherstellen müssen, dass diese objektiv, transparent und verhältnismäßig sind.
Es ist wichtig zu beachten, dass das Vergaberecht nicht nur die Umwelt, sondern auch soziale Aspekte berücksichtigt. So können öffentliche Auftraggeber beispielsweise bei der Vergabe von Aufträgen an Unternehmen, die Menschen mit Behinderungen beschäftigen, oder an Unternehmen, die faire Arbeitsbedingungen gewährleisten, einen Zuschlag erteilen.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die nachhaltige öffentliche Beschaffung sind komplex und vielfältig. Es ist daher ratsam, dass sich öffentliche Auftraggeber umfassend über die geltenden Gesetze, Richtlinien und Verordnungen informieren und sich bei Bedarf rechtlichen Rat einholen.
Umweltaspekte in der Öffentlichen Beschaffung
Die Berücksichtigung von Umweltaspekten in der öffentlichen Beschaffung ist ein wesentlicher Baustein für eine nachhaltige Entwicklung. Öffentliche Auftraggeber haben die Möglichkeit, durch die gezielte Beschaffung umweltfreundlicher Produkte und Dienstleistungen einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Umwelt und zur Schonung der Ressourcen zu leisten.
Es gibt eine Vielzahl von Umweltaspekten, die bei der öffentlichen Beschaffung berücksichtigt werden können. Dazu gehören unter anderem:
- Energieeffizienz: Der Energieverbrauch von Produkten und Dienstleistungen ist ein wichtiger Umweltaspekt. Öffentliche Auftraggeber können beispielsweise energieeffiziente Geräte, Fahrzeuge oder Gebäude beschaffen.
- Ressourcenschonung: Die Schonung der natürlichen Ressourcen ist ein weiteres wichtiges Ziel der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung. Öffentliche Auftraggeber können beispielsweise Produkte aus recycelten Materialien oder Produkte mit einer langen Lebensdauer beschaffen.
- Abfallvermeidung: Die Vermeidung von Abfall ist ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz. Öffentliche Auftraggeber können beispielsweise Produkte mit wenig Verpackungsmaterial oder Produkte, die wiederverwendbar sind, beschaffen.
- Schadstoffreduktion: Die Reduzierung von Schadstoffen in Produkten und Dienstleistungen ist ein weiteres wichtiges Ziel der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung. Öffentliche Auftraggeber können beispielsweise Produkte ohne schädliche Chemikalien oder emissionsarme Fahrzeuge beschaffen.
- Förderung umweltfreundlicher Produkte und Dienstleistungen: Die Förderung von umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen ist ein wichtiges Instrument, um Innovationen im Bereich des Umweltschutzes anzureizen. Öffentliche Auftraggeber können beispielsweise Produkte mit einem Umweltzeichen oder Dienstleistungen, die nachweislich umweltfreundlich sind, bevorzugen.
Die Integration von Umweltaspekten in die öffentliche Beschaffung kann auf verschiedene Weise erfolgen. So können öffentliche Auftraggeber beispielsweise Umweltkriterien in die Leistungsbeschreibung aufnehmen oder Umweltzeichen als Zuschlagskriterien verwenden.
Die EU- und nationalen Vergaberechtsregelungen ermöglichen die Berücksichtigung von Umweltaspekten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. So können öffentliche Auftraggeber beispielsweise Lebenszykluskosten bei der Bewertung von Angeboten berücksichtigen. Die Lebenszykluskosten umfassen alle Kosten, die während der gesamten Lebensdauer eines Produkts oder einer Dienstleistung entstehen, einschließlich der Anschaffungskosten, der Betriebskosten und der Entsorgungskosten.
Die Berücksichtigung von Umweltaspekten in der öffentlichen Beschaffung kann nicht nur zum Umweltschutz beitragen, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bringen. So können beispielsweise energieeffiziente Geräte zu Kosteneinsparungen führen oder Produkte mit einer langen Lebensdauer die Wiederbeschaffungskosten reduzieren.
Umweltaspekte im Vergabeverfahren — Rechtliche Grundlagen … (Umweltbundesamt)
Integration von Nachhaltigkeitskriterien in den Vergabeprozess
Die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in den Vergabeprozess erfordert eine systematische Herangehensweise, die alle Phasen der Beschaffung umfasst. Beginnend mit der Bedarfsermittlung, ist es wichtig, den tatsächlichen Bedarf zu analysieren und zu hinterfragen, ob dieser durch nachhaltigere Alternativen gedeckt werden kann. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass anstelle des Kaufs von neuen Produkten, Reparatur- oder Leasingoptionen in Betracht gezogen werden.
Bei der Ausschreibung ist es entscheidend, klare und messbare Nachhaltigkeitskriterien zu definieren. Diese können sich auf verschiedene Aspekte beziehen, wie z.B. Energieeffizienz, Ressourcenschonung, Schadstoffemissionen oder soziale Standards. Die Leistungsbeschreibung sollte so formuliert sein, dass sie innovative und nachhaltige Lösungen fördert, ohne bestimmte Technologien oder Produkte auszuschließen.
Die Bewertungskriterien müssen transparent und diskriminierungsfrei sein und die Nachhaltigkeitsaspekte angemessen berücksichtigen. Es ist wichtig, dass die Kriterien messbar und überprüfbar sind, um eine objektive Bewertung zu gewährleisten. Neben den reinen Anschaffungskosten sollten auch die Lebenszykluskosten (z.B. Energieverbrauch, Wartung, Entsorgung) berücksichtigt werden, um die langfristigen wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen zu beurteilen.
Bei der Vertragsgestaltung können Nachhaltigkeitsklauseln aufgenommen werden, die beispielsweise die Einhaltung bestimmter Umwelt- oder Sozialstandards während der Vertragslaufzeit vorschreiben. Zudem sollte die Vertragskontrolle sicherstellen, dass die vereinbarten Nachhaltigkeitskriterien tatsächlich eingehalten werden und gegebenenfalls Sanktionen bei Verstößen vorgesehen sind.
Herausforderungen und Chancen der Nachhaltigen Öffentlichen Beschaffung
Die Umsetzung einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung ist mit verschiedenen Herausforderungen verbunden. Häufig bestehen Informationsdefizite hinsichtlich der Verfügbarkeit und der Eigenschaften nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen. Auch mangelnde Expertise bei den Beschaffungsverantwortlichen kann ein Hindernis darstellen, da die Bewertung von Nachhaltigkeitskriterien spezielle Kenntnisse erfordert.
Ein weiteres Problem sind die potenziell höheren Kosten für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen im Vergleich zu konventionellen Alternativen. Allerdings sollten hier die Lebenszykluskosten berücksichtigt werden, die bei nachhaltigen Produkten oft geringer sind. Auch bürokratische Hürden und komplexe Vergabeverfahren können die Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffung erschweren.
Trotz dieser Herausforderungen bietet die nachhaltige öffentliche Beschaffung auch zahlreiche Chancen. Sie kann zu Kosteneinsparungen führen, beispielsweise durch einen geringeren Energieverbrauch oder eine längere Lebensdauer der Produkte. Zudem fördert sie die Innovation, da Unternehmen angeregt werden, neue und nachhaltige Lösungen zu entwickeln.
Ein weiterer Vorteil ist der Imagegewinn für die öffentliche Hand, da sie sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit positioniert. Die nachhaltige Beschaffung kann auch einen wichtigen Beitrag zur Erreichung von Klimazielen leisten, indem sie den CO2-Ausstoß reduziert und den Einsatz erneuerbarer Energien fördert.
Best Practices und Erfolgsbeispiele
Zahlreiche öffentliche Auftraggeber haben bereits erfolgreich Umweltaspekte und Nachhaltigkeitskriterien in ihre Beschaffungsprozesse integriert. Ein Beispiel ist die Stadt Kopenhagen, die bei der Beschaffung von Lebensmitteln für Schulen und Kindergärten auf regionale und ökologisch erzeugte Produkte setzt. BMWE — Nachhaltige, strategische Beschaffung (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) – Die Seite enthält Praxisbeispiele und Publikationen sowie Empfehlungen für Vergaben.
Ein weiteres Erfolgsbeispiel ist die Beschaffung von Büromaterialien mit dem Blauen Engel durch verschiedene Bundesbehörden. Durch die Berücksichtigung von Umweltkriterien bei der Ausschreibung und Bewertung konnte der Einsatz von umweltschädlichen Stoffen reduziert und die Ressourcenschonung gefördert werden.
Viele Vorbildprojekte zeigen, dass eine nachhaltige Beschaffung nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft sein kann. So hat beispielsweise eine Kommune durch die Umstellung auf LED-Beleuchtung im öffentlichen Raum den Energieverbrauch deutlich gesenkt und gleichzeitig die Wartungskosten reduziert. Solche innovative Lösungen tragen dazu bei, die Akzeptanz und die Verbreitung der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung zu fördern.
Instrumente und Hilfestellungen für eine Nachhaltige Beschaffung
Öffentliche Auftraggeber stehen bei der Umsetzung einer nachhaltigen Beschaffung nicht allein da. Eine Vielzahl von Instrumenten und Hilfestellungen steht zur Verfügung, um den Prozess zu erleichtern und die Integration von Umwelt- und Sozialkriterien erfolgreich zu gestalten. Zu den wichtigsten Ressourcen zählen umfassende Leitfäden und Checklisten, die von verschiedenen Ministerien, Umweltagenturen oder spezialisierten Organisationen herausgegeben werden. Diese bieten praktische Anleitungen für die Formulierung von Leistungsbeschreibungen, die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten und die Bewertung von Angeboten nach Nachhaltigkeitsaspekten.
Darüber hinaus existieren Datenbanken und Online-Plattformen, die Informationen über umweltfreundliche Produkte, Dienstleistungen und zertifizierte Anbieter bereitstellen. Solche Verzeichnisse können die Markterkundung erheblich vereinfachen. Angesichts der Komplexität des Themas sind Schulungen und Weiterbildungsangebote für Mitarbeiter im Einkauf unerlässlich. Sie vermitteln das notwendige Fachwissen im Bereich Vergaberecht, Umweltstandards und Innovationsförderung durch Beschaffung. Spezifische Beratungsangebote von Experten oder zentralen Vergabestellen können zusätzliche Unterstützung bieten, insbesondere bei komplexen Vergabeverfahren oder der Entwicklung maßgeschneiderter Beschaffungsstrategien. Diese Hilfestellungen tragen maßgeblich dazu bei, Informationsdefizite abzubauen und die Expertise innerhalb der öffentlichen Verwaltung zu stärken, um das volle Potenzial der nachhaltigen Beschaffung auszuschöpfen.
Weiterführende Quellen
- BMWE — Nachhaltige, strategische Beschaffung (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) – Das geltende Vergaberecht bietet öffentlichen Auftraggebern viele Möglichkeiten, Umweltkriterien zu berücksichtigen. Die Seite enthält Praxisbeispiele und Publikationen sowie Empfehlungen für Vergaben.
- Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung (Bertelsmann Stiftung) – Das Vergaberecht bietet auch jetzt schon Möglichkeiten für öffentliche Auftraggeber, Nachhaltigkeit in Vergabeverfahren zu integrieren.
- ESG: Nachhaltigkeit im öffentlichen Beschaffungswesen (MME) – Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung von ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Governance) im öffentlichen Beschaffungswesen.